Sicherheitsdatenblatt
Das Sicherheitsdatenblatt ist das zentrale Element der Kommunikation in der Lieferkette für gefährliche Stoffe und Gemische. Es liefert dem beruflichen Verwender von Chemikalien wichtige Informationen zur Identität des Produktes, zu auftretenden Gefährdungen, zur sicheren Handhabung und Maßnahmen zur Prävention sowie im Gefahrenfall.
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Die Anforderungen an die Inhalte und das Format des Sicherheitsdatenblattes sind in Artikel 31 und Anhang II der REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 geregelt. Der Anhang II wurde seit Inkrafttreten von REACH bereits mehrfach angepasst. Die wesentlichen Änderungen ergaben sich dabei aus den Übergangsregelungen zur Einführung der Einstufung und Kennzeichnungen auf Basis der CLP-Verordnung (EG) 1272/2008. Die derzeit letzte Änderung erfolgte durch die Verordnung (EU) 2020/878.
Der Lieferant eines Stoffes/Gemischs ist dafür verantwortlich, dass das Sicherheitsdatenblatt fachlich richtig und vollständig ausgefüllt ist. Das Dokument muss immer den aktuellen Rechtsvorschriften entsprechen und Änderungen wie z. B. eine neue Einstufung oder die Anpassung eines Arbeitsplatzgrenzwertes müssen berücksichtigt werden.
Muss im Rahmen einer Registrierung eines Stoffes unter REACH ein Stoffsicherheitsbericht erstellt werden, müssen die Angaben im Sicherheitsdatenblatt mit denen im Stoffsicherheitsbericht übereinstimmen. Im Rahmen der Stoffsicherheitsbeurteilung für einen Stoff werden für die identifizierten Verwendungen Expositionsszenarien erstellt, die als Anhang des Sicherheitsdatenblattes in der Lieferkette weitergegeben werden. Man spricht dann vom erweiterten Sicherheitsdatenblatt.
Leitlinien
Umfangreiche Erläuterungen zu den Inhalten und Anforderungen an das Sicherheitsdatenblatt enthalten die „Leitlinien zur Erstellung von Sicherheitsdatenblättern“ der ECHA (engl. „Guidance on the compilation of safety data sheets“).
Weitere Informationen zum Thema Sicherheitsdatenblatt finden Sie auf den Internetseiten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) im Bereich „Gefahrstoffe“. Dazu gehören Muster und Leerformulare sowie eine Zusammenstellung von Beratungsunternehmen und Software zur Erstellung von Sicherheitsdatenblättern.
Die TRGS 220 ergänzt die „Leitlinien zur Erstellung von Sicherheitsdatenblättern“ der Europäischen Chemikalienagentur um nationale Anforderungen, wenn Stoffe oder Gemische in Deutschland in Verkehr gebracht werden. Die Neufassung der TRGS 220 wurde im März 2017 im Gemeinsamen Ministerialblatt und im Internet veröffentlicht.
Wann muss ein Sicherheitsdatenblatt erstellt werden?
Gemäß Artikel 31 der REACH-Verordnung muss der Lieferant eines Stoffes oder eines Gemisches dem Abnehmer ein Sicherheitsdatenblatt zur Verfügung stellen, wenn
- der Stoff oder das Gemisch die Kriterien für die Einstufung als gefährlich gemäß der CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 erfüllt oder
- der Stoff persistent, bioakkumulierbar und toxisch (PBT) oder sehr persistent und sehr bioakkumulierbar (vPvB) gemäß den Kriterien des Anhangs XIII ist oder
- der Stoff aus anderen Gründen als den oben genannten in die Kandidatenliste (gemäß Artikel 59) aufgenommen wurde.
Ein Abnehmer kann außerdem ein Sicherheitsdatenblatt für ein Gemisch anfordern, wenn die Kriterien zur Einstufung als gefährlich zwar nicht erfüllt sind, aber
- mindestens ein gesundheitsgefährdender oder umweltgefährlicher Stoff in einer Einzelkonzentration von ≥ 1 % (w/w) bei nichtgasförmigen Gemischen und bei gasförmigen Gemischen in einer Einzelkonzentration von ≥ 0,2 % (v/v) enthalten ist oder
-
mindestens
- ein karzinogenen Stoff der Kategorie 2 oder
- ein reproduktionstoxischer Stoff der Kategorie 1A, 1B oder 2 oder
- ein Hautallergen der Kategorie 1 oder
- ein Inhalationsallergen der Kategorie 1 oder
- einen Stoff der Wirkungen auf oder über die Laktation hat oder
- ein PBT- oder vPvB-Stoff oder
- ein PBT- oder vPvB-Stoff oder
- ein Stoff, der aus anderen als den oben genannten Gründen in die Kandidatenliste (gemäß Artikel 59) aufgenommen
in einer Einzelkonzentration von ≥ 0,1 % (w/w) bei nichtgasförmigen Gemischen enthalten ist, oder
- ein Stoff enthalten ist, für den es gemeinschaftliche Grenzwerte für die Exposition am Arbeitsplatz gibt.
Sprache
Das Sicherheitsdatenblatt muss dem Abnehmer in einer Amtssprache des entsprechenden Landes, in dem der Stoff oder das Gemisch in Verkehr gebracht wird, vorgelegt werden, es sei denn der Mitgliedstaat bestimmt etwas anderes. Hierzu hat die ECHA eine Übersicht zu den in den verschiedenen Mitgliedstaaten benötigten Sprachen veröffentlicht. In Deutschland muss das Sicherheitsdatenblatt in Deutsch zur Verfügung gestellt werden.
Verantwortlich dafür, dass die richtige Sprachversion zur Verfügung gestellt wird, ist der jeweilige Lieferant.
Zur Verfügung stellen
Das Sicherheitsdatenblatt wird dem Abnehmer auf Papier oder in elektronischer Form kostenlos zur Verfügung gestellt. Welche Form der Weitergabe gewählt wird, ist von den vertraglichen Vereinbarung mit dem Kunden abhängig. Ein Versand von Sicherheitsdatenblättern auf Datenträgern oder mittels E-Mail ist dann zulässig, wenn der Empfänger damit einverstanden ist. Das alleinige Bereitstellen von Sicherheitsdatenblättern auf einer Internetplattform ist hingegen nicht ausreichend (siehe "Häufig gestellte Fragen zum Sicherheitsdatenblatt").
Informationen zur Giftnotrufnummer
Im Abschnitt 1.4 des Sicherheitsdatenblatts muss eine Notrufnummer angegeben werden. Dies kann z. B. die Nummer einer öffentlichen Beratungsstelle sein kann, die in dem Mitgliedstaat angesiedelt ist, in dem der Stoff oder das Gemisch in Verkehr gebracht wird. In Deutschland gibt es derzeit keine entsprechende öffentliche Beratungsstelle.
Lieferanten haben in Deutschland deshalb auch weiterhin die Möglichkeit, im SDB eine eigene Notrufnummer anzugeben, wenn für die Bereitstellung des Notrufs die nötigen Voraussetzungen bestehen. Unter anderem muss eine kompetente medizinische Notfallberatung in deutscher Sprache durchgeführt werden.
Als Dienstleistung wird in Deutschland die Notfallberatung unter anderem von den Giftinformationszentren der Länder angeboten.
Vor der Nutzung dieser Dienstleistung muss der Lieferant das Giftinformationszentrum kontaktieren und mit diesem eine vertragliche Vereinbarung treffen. Diese Vereinbarung kann z. B. die Übermittlung von Informationen über gefährliche Inhaltsstoffe oder über mögliche Zahlungen beinhalten. Erst dann ist es möglich, die entsprechende Telefonnummer im Sicherheitsdatenblatt zu verwenden.
Die deutschen Giftinformationszentren haben bis auf weiteres nicht den rechtlichen Status einer öffentlichen Beratungsstelle im Sinne des Anhangs II, Abschnitt 1.4 der REACH-Verordnung.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist in Deutschland für die Entgegennahme der Mitteilungen zu gefährlichen Gemischen nach § 16e des Chemikaliengesetzes zuständig, aber nicht für den Giftnotruf. Es ist daher nicht möglich, im SDB eine Rufnummer des BfR als Notrufnummer anzugeben.
Auf der Internetseite der ECHA sind im Abschnitt mit den Informationen über die nationalen Helpdesks Verweise auf Notrufnummern oder ggf. öffentliche Beratungsstellen in den Mitgliedstaaten aufgeführt.
Expositionsszenarien
Für alle Stoffe, die in Mengen von mehr als 10 Tonnen hergestellt werden, muss im Rahmen einer Registrierung eine Stoffsicherheitsbeurteilung nach Anhang I durchgeführt werden. Die Stoffsicherheitsbeurteilung wird in einem Stoffsicherheitsbericht dokumentiert.
Wird bei der Stoffsicherheitsbeurteilung festgestellt, dass ein Stoff den Kriterien für eine Einstufung als gefährlich entspricht oder als PBT- oder vPvB-Stoff zu beurteilen ist, so muss eine Expositionsbeurteilung und eine Risikobeschreibung gemacht werden.
Im Rahmen der Expositionsbeurteilung muss für alle identifizierten Verwendungen ein sicheres Expositionsszenariums entwickelt werden. Die Expositionsszenarien umfassen die Verwendungsbedingungen und Risikomanagementmaßnahmen für einen Stoff von der Herstellung über den gesamten Lebenszyklus. Ein Expositionsszenarium kann ein spezifisches Verfahren bzw. eine spezifische Verwendung oder ggf. verschiedene Verfahren bzw. Verwendungen abdecken.
Der Registrant, der einen Stoffsicherheitsbericht zu erstellen hat, fügt die einschlägigen Expositionsszenarien dem Sicherheitsdatenblatt als Anlage bei. Das Sicherheitsdatenblatt muss Informationen über alle identifizierten Verwendungen enthalten, die für den Empfänger des Sicherheitsdatenblatts relevant sind. Diese Informationen müssen mit den im Stoffsicherheitsbericht identifizierten Verwendungen und den im Anhang des Sicherheitsdatenblatts aufgeführten Expositionsszenarien übereinstimmen.
Ein nachgeschalteter Anwender bezieht bei der Erstellung seines eigenen Sicherheitsdatenblatts die einschlägigen Expositionsszenarien aus dem ihm zur Verfügung gestellten Sicherheitsdatenblatt ein und nutzt sonstige einschlägige Informationen aus diesem Sicherheitsdatenblatt. Muss ein nachgeschalteter Anwender selbst einen Stoffsicherheitsbericht für eine nicht abgedeckte Verwendung erstellen, so muss er das entsprechend entwickelte Expositionsszenarium als Anhang am Sicherheitsdatenblatt weitergeben.