Beschränkung von Mikroplastik
- Was ist Mikroplastik?
- Was sind die Auswirkungen von Mikroplastik auf Mensch und Umwelt?
- Beschränkung des Inverkehrbringens von Mikroplastik ("Synthetische Polymermikropartikel")
- Ausnahmeregelungen
- Welche Übergangsfristen werden festgelegt?
- Wer muss Informationen bereitstellen?
- Berichtspflichten
- Auskunftspflicht gegenüber zuständigen Behörden
- Fragen und Antworten
©iStock | Svetlozar Hristov
Was ist Mikroplastik?
Es gibt bisher keine international anerkannte Definition von Mikroplastik. In der Regel werden als Mikroplastik Kunststoffpartikel im Größenbereich unterhalb von 5 mm bezeichnet. Dies entspricht auch dem Geltungsbereich der aktuellen Beschränkung unter REACH. Gemäß dem untenstehenden Beschränkungseintrag werden mit Kunststoff beschichtete Partikel entsprechender Größe und faserförmige Partikel mit einer Länge bis zu 15 mm ebenfalls als Mikroplastik definiert.
Grundsätzlich unterscheidet man primäres und sekundäres Mikroplastik. Als primäres Mikroplastik werden Partikel bezeichnet, die absichtlich hergestellt werden, entweder um weiterverarbeitet zu werden oder Produkten zugesetzt zu werden um dort eine bestimmte Funktion zu erfüllen. Es gibt auch Mikroplastik, das unmittelbar in seiner Partikelform verwendet wird, etwa als Einstreumaterial für Kunstrasenplätze. Ein Beispiel für die Weiterverarbeitung ist die Verwendung von thermoplastischen Kunststoffpellets bei der Herstellung von Folien oder Formbauteilen. Beispiele für Bereiche, in denen Mikroplastik bewusst verwendet wird sind Landwirtschaft und Gartenbau, Kosmetika, Wasch- und Reinigungsmittel, Farben und Lacke, In-vitro-Diagnostika, Medizinprodukte, Human- und Tierarzneimittel, Lebensmittelzusatzstoffe und in der Öl- und Gasindustrie. Sie werden etwa als Füllstoffe, Bindemittel, Filmbildner, Schleifpartikel, Trägerstoffe, Stabilisatoren, Filter, Trübungsmittel, zur gezielten Freisetzung von Wirkstoffen, zur Verkapselung von Duftstoffen, als Antischaummittel oder als Strahlmittel zur industriellen Oberflächenbehandlung verwendet.
Schätzungsweise liegt die jährlich verwendete Menge von primärem Mikroplastik in der EU bei ca. 145 000 Tonnen.
Sekundäres Mikroplastik wird unabsichtlich gebildet und entsteht durch physikalischen, biologischen und chemischen Abbau größerer Kunststoffteile oder -partikel, z.B. durch Reifenabrieb, Faserabrieb in Privathaushalten (beim Wäschewaschen synthetischer Textilien), Verwitterung von Geotextilien oder Verwitterung von Kunststoff(abfällen) im Allgemeinen. Sekundäres Mikroplastik liegt nicht im Geltungsbereich der aktuellen Beschränkung.
Was sind die Auswirkungen von Mikroplastik auf Mensch und Umwelt?
Die Auswirkungen von Mikroplastik auf die Gesundheit und die Umwelt sind noch nicht vollständig erforscht. 2018 hat die Europäische Kommission die ECHA beauftragt, die Gesundheits- und Umweltrisiken von Mikroplastikpartikeln zu untersuchen, die Produkten bewusst zugesetzt werden.
Hier sind einige wichtige Fakten:
Auswirkungen auf die Umwelt:
- Mikroplastik kann in die Nahrungskette gelangen, wenn Tiere es versehentlich aufnehmen.
- Mikroplastik ist sehr widerstandsfähig gegenüber dem (Bio-)Abbau in der Umwelt, was dazu führt, dass die Partikel nach ihrer anfänglichen Freisetzung noch lange Zeit in der Umwelt verbleiben.
- Mikroplastik kann daher in Gewässern und Böden akkumulieren und langfristige Auswirkungen auf Ökosysteme haben.
- Mikroplastik kann nach derzeitigem Wissensstand nicht mehr aus der Umwelt entfernt werden.
- Mit der Zeit zerfällt Mikroplastik in immer kleinere Partikel, die tendenziell eine noch größere Besorgnis aufweisen, z.B. aufgrund der erleichterten Aufnahme durch Tiere.
Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit:
- Es ist noch unklar, ob und in welchem Ausmaß Mikroplastikpartikel tatsächlich in den menschlichen Körper gelangen und welche Auswirkungen sie haben können. Es gibt Hinweise darauf, dass Mikroplastik im Körper Entzündungen und Schäden an Zellen und Geweben verursachen kann.
- Es gibt Bedenken hinsichtlich der Toxizität von Chemikalien, die an Mikroplastikpartikeln haften und in den Körper gelangen können.
Da die Auswirkungen durch stetig wachsende Konzentrationen von Mikroplastik in der Umwelt noch nicht vollständig geklärt sind, folgt die Beschränkung dem Vorsorgeprinzip.
Beschränkung des Inverkehrbringens von Mikroplastik ("Synthetische Polymermikropartikel")
Zum Schutz der Gesundheit von Ökosystemen und Menschen hat die europäische Kommission nun das Inverkehrbringen von bewusst zugesetztem (primären) Mikroplastik beschränkt.
Der Beschränkungseintrag Nr. 78 im Anhang XVII der REACH-Verordnung lautet:
Synthetische Polymermikropartikel:
Dürfen nicht als solche oder, wenn die synthetischen Polymermikropartikel vorhanden sind, um eine gewünschte Eigenschaft zu verleihen, in Gemischen in einer Konzentration von 0,01 Gewichtsprozent oder mehr in Verkehr gebracht werden.
Synthetische Polymermikropartikel werden im Kontext der Beschränkung definiert als feste Polymere, die beide der folgenden Bedingungen erfüllen:
a) sie sind in Partikeln enthalten und machen mindestens 1 Gewichtsprozent dieser Partikel aus oder bilden eine kontinuierliche Oberflächenbeschichtung auf Partikeln;
b) mindestens 1 Gewichtsprozent der unter Buchstabe a genannten Partikel erfüllt eine der folgenden Bedingungen:
i) alle Dimensionen der Partikel sind gleich oder kleiner als 5 mm;
ii) die Länge der Partikel ist gleich oder kleiner als 15 mm und das Verhältnis von Länge zu Durchmesser ist größer als 3.
NICHT unter die Definition von synthetischen Polymermikropartikeln und damit NICHT in den Geltungsbereich der Beschränkung fallen:
a) Polymere, die das Ergebnis eines Polymerisationsprozesses sind, der in der Natur stattgefunden hat, unabhängig von dem Verfahren, mit dem sie gewonnen wurden, und bei denen es sich nicht um chemisch veränderte Stoffe handelt;
b) Polymere, die nachweislich abbaubar sind;
c) Polymere, die nachweislich eine Löslichkeit über 2 g/l aufweisen;
d) Polymere, die in ihrer chemischen Struktur keine Kohlenstoffatome enthalten („anorganische Polymere“).
Wann ein Polymer als nachweislich abbaubar gilt und wann eine Löslichkeit von über 2 g/l als nachgewiesen gilt, ist in den Anlagen zum Anhang der Beschränkung geregelt (siehe Links weiter unten).
Ausnahmeregelungen
Der Beschränkungseintrag sieht viele Ausnahmen vor. So gilt das Verbot des Inverkehrbringens NICHT für synthetische Polymermikropartikel als solche oder in Gemischen zur Verwendung in:
- Industrieanlagen;
- Arzneimitteln im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG und Tierarzneimitteln im Sinne der Verordnung (EU) 2019/6;
- EU-Düngeprodukten im Sinne der Verordnung (EU) 2019/1009;
- Lebensmittelzusatzstoffen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008;
- In-vitro-Diagnostika, einschließlich Produkte im Sinne der Verordnung (EU) 2017/746;
- Lebensmitteln im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, die nicht unter Buchstabe d des vorliegenden Absatzes fallen, und Futtermitteln im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der genannten Verordnung.
Vom Verbot des Inverkehrbringens ausgenommen sind:
- synthetische Polymermikropartikel, die durch technische Mittel so eingeschlossen sind, dass eine Freisetzung in die Umwelt verhindert wird, wenn sie während der vorgesehenen Endanwendung vorschriftsmäßig verwendet werden;
- synthetische Polymermikropartikel, deren physikalische Eigenschaften während der vorgesehenen Endanwendung dauerhaft so verändert werden, dass das Polymer nicht mehr in den Anwendungsbereich dieses Eintrags fällt;
- synthetische Polymermikropartikel, die während der vorgesehenen Endverwendung dauerhaft in eine feste Matrix integriert werden.
Welche Übergangsfristen werden festgelegt?
Je nach Verwendungsbereich werden unterschiedliche Übergangsfristen festgelegt, um den betroffenen Interessenträgern Zeit zur Entwicklung und Umstellung auf Alternativen zu geben:
Übergangsfrist | Verwendungsbereich |
---|---|
4 Jahre | In auszuspülenden/abzuspülenden kosmetischen Mitteln, ausgenommen Mikroperlen (‚Microbeads‘), die als Abreibungsmittel zum Peelen, Polieren oder Reinigen verwendet werden |
5 Jahre |
Für Detergenzien im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 648/2004, Wachse, Poliermittel und Lufterfrischer, es sei denn, diese Mittel und Produkte werden zur Verkapselung von Duftstoffen verwendet oder enthalten Mikroperlen (‚Microbeads‘, siehe oben) |
5 Jahre |
Für Düngeprodukte im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/1009, die nicht in den Anwendungsbereich der genannten Verordnung fallen (keine EU-Düngeprodukte); |
5 Jahre |
Für Produkte für landwirtschaftliche oder gartenbauliche Verwendungen |
6 Jahre |
Für die Verkapselung von Duftstoffen |
6 Jahre |
Für Mittel, die auf der Haut/in den Haaren verbleiben, im Sinne der Nummer 1 Buchstabe b der Präambel der Anhänge II bis VI der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009, es sei denn, diese Mittel und Produkte werden zur Verkapselung von Duftstoffen verwendet oder enthalten Mikroperlen (‚Microbeads‘, siehe oben) |
6 Jahre |
Für Medizinprodukte im Sinne der Verordnung (EU) 2017/745, es sei denn, diese Produkte enthalten Mikroperlen (‚Microbeads‘, s.o.); |
8 Jahre |
Für Pflanzenschutzmittel im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 und mit diesen Produkten behandeltes Saatgut sowie Biozidprodukte im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 |
8 Jahre |
Für Einstreugranulat für synthetische Sportböden |
12 Jahre |
Für Lippenmittel, Nagelmittel und Make-up-Produkten, es sei denn, diese Mittel und Produkte werden zur Verkapselung von Duftstoffen verwendet, fallen unter auszuspülende/abzuspülende kosmetische Mittel oder enthalten Mikroperlen (‚Microbeads‘, siehe oben) |
Wer muss Informationen bereitstellen?
Die Beschränkung verfolgt das Ziel, Umweltemissionen von synthetischen Polymermikropartikeln so weit wie möglich zu minimieren. Daher werden für ausgenommene Verwendungen Kennzeichnungs-/Informationspflichten und Berichtspflichten eingeführt, um einerseits die Emissionen bei der Verwendung und Entsorgung zu minimieren und anderseits weitere Informationen über ausgenommene Verwendungen zu erhalten. Zudem besteht eine Auskunftspflicht gegenüber den nationalen Behörden.
Kennzeichnungs- und Informationsplichten
Lieferanten synthetischer Polymermikropartikel, die sich auf die ausgenommene Verwendung an Industriestandorten beziehen, müssen innerhalb von 24 Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung folgende Informationen bereitstellen:
- Gebrauchs- und Entsorgungsanweisungen
- Folgende Erklärung: "Die gelieferten synthetischen Polymermikropartikel unterliegen den Bedingungen des Eintrags 78 in Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates."
- Angaben zur Menge oder gegebenenfalls zur Konzentration synthetischer Polymermikropartikel im Stoff oder Gemisch
- allgemeine Informationen zur Identität der in dem Stoff oder Gemisch enthaltenen Polymere, die es dem nachgeschalteten Anwender ermöglichen, den Berichtspflichten nachzukommen (s.u.)
Lieferanten, die sich auf die ausgenommene Verwendung für Lebensmittelzusatzstoffe, in-vitro Diagnostika oder eine der generellen Ausnahmen (Einschluss durch technische Mittel, Veränderung der physikalischen Eigenschaften, Einbau in feste Matrix; Detail siehe oben) beziehen, müssen folgende Informationen weitergeben:
- Gebrauchs- und Entsorgungsanweisungen für gewerbliche Anwender und die breite Öffentlichkeit zur Vermeidung vom Umweltemissionen
8 Jahre nach Inkrafttreten müssen die für 12 Jahre ausgenommenen Lippenmittel, Nagelmittel und Make-up-Produkte mit der Aufschrift "Dieses Produkt enthält Mikroplastik" versehen werden.
Berichtspflichten
Der Beschränkungseintrag legt für Hersteller und industrielle Anwender sowie für Lieferanten von Produkten, die synthetische Polymermikropartikel enthalten, Berichtspflichten fest. Diese müssen bis zum 31. Mai eines jeden Jahres an die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) übermittelt werden.
Hersteller und industrielle nachgeschaltete Anwender von synthetische Polymermikropartikeln müssen erstmalig 24 bzw. 36 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung folgende Informationen an ECHA übermitteln:
- Beschreibung der Verwendungen im vorangegangenen Kalenderjahr;
- für jede Verwendung Informationen zur Identität der verwendeten Polymere;
- für jede Verwendung eine Schätzung der Menge synthetischer Polymermikropartikel, die in die Umwelt freigesetzt wurden, einschließlich Freisetzungen während des Transports.
- für jede Verwendung einen Hinweis auf die Ausnahmeregelung für industrielle Verwendungen
Hierbei gilt für Hersteller und nachgeschaltete industrielle Anwender von synthetischen Polymermikropartikeln in Form von Granulaten, Flocken und Pulvern, die als Ausgangsmaterial für die Kunststoffherstellung in industriellen Anlagen verwendet werden, die kürzere Frist von 24 Monaten nach Inkrafttreten. Für andere Hersteller von synthetischen Polymermikropartikeln und andere nachgeschaltete industrielle Anwender gelten 36 Monate nach Inkrafttreten.
Lieferanten, die synthetische Polymermikropartikel enthaltende Produkte erstmalig in Verkehr bringen (Abgabe an gewerbliche Anwender oder die breite Öffentlichkeit) und die sich auf die ausgenommene Verwendung für Arzneimittel/Tierarzneimittel, Lebensmittelzusatzstoffe, in-vitro-Diagnostika oder eine der generellen Ausnahmen (Einschluss durch technische Mittel, Veränderung der physikalischen Eigenschaften, Einbau in feste Matrix; Detail siehe oben) beziehen müssen erstmalig 36 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung folgende Informationen an ECHA übermitteln:
- eine Beschreibung der Endverwendungen, für die die synthetischen Polymermikropartikel im vorangegangenen Kalenderjahr in Verkehr gebracht wurden;
- für jede Endverwendung, für die die synthetischen Polymermikropartikel in Verkehr gebracht wurden, allgemeine Informationen über die Identität der im vorangegangenen Kalenderjahr in Verkehr gebrachten Polymere;
- für jede Endverwendung, für die die synthetischen Polymermikropartikel in Verkehr gebracht wurden, eine Schätzung der Menge synthetischer Polymermikropartikel, die im vorangegangenen Kalenderjahr in die Umwelt freigesetzt wurden, einschließlich Freisetzungen während des Transports
- für jede Verwendung einen Hinweis auf die geltende(n) Ausnahmeregelung(en)
Auskunftspflicht gegenüber zuständigen Behörden
Auf Nachfrage der zuständigen Behörden müssen Hersteller, Importeure und nachgeschaltete industrielle Anwender zudem weitere spezifische Informationen über die Art der unter diesen Eintrag fallenden Polymere, die in den entsprechenden Produkten enthalten sind, und über die Wirkung dieser Polymere in den Produkten zur Verfügung stellen.
Zudem müssen Hersteller, Importeure und nachgeschaltete industrielle Anwender, deren Produkte angeblich aus Gründen der Abbaubarkeit oder Löslichkeit von der Bezeichnung synthetischer Polymermikropartikel ausgenommen sind, den zuständigen Behörden auf Ersuchen unverzüglich entsprechende Belege vorlegen.
Fragen und Antworten
Betrifft der Beschränkungseintrag 78 „synthetische Polymermikropartikel“ auch losen Glitter für die Verwendungen im Bereich Spielzeug / Dekoration / Basteln?
Loser Glitter für die Verwendungen im Bereich Spielzeug, Dekoration und Basteln, der unter die Beschreibung in Spalte 1 dieses Eintrags fällt, ist vom Verbot des Inverkehrbringens betroffen. Das Verbot gilt ab dem in Kraft treten und somit seit dem 17.10.2023. Es gilt jedoch nicht für Stoffe und Gemische, die vor diesem Datum bereits zum ersten Mal in Verkehr gebracht worden sind.
Ausnahme- und Übergangsregelungen zu dem Beschränkungseintrag Nr. 78 finden Sie in den entsprechenden Abschnitten oben auf dieser Internetseite.
Darf ab dem 17. Oktober 2023 kein synthetischer Polymermikropartikel mehr verkauft werden?
Bezüglich der Handhabung von Lagerbeständen wird auf Absatz 16 der Beschränkung verweisen:
„16. Absatz 1 gilt nicht für das Inverkehrbringen von synthetischen Polymermikropartikeln als solche oder in Gemischen, die vor dem 17. Oktober 2023 in Verkehr gebracht wurden. Unterabsatz 1 gilt jedoch nicht für das Inverkehrbringen synthetischer Polymermikropartikel für die in Absatz 6 genannten Verwendungszwecke.“
Zur Auslegung dieses Absatzes ist Erwägungsgrund (60) heranzuziehen:
„(60) Um unnötige Produktrückrufe zu vermeiden und Abfall zu reduzieren, bedarf es der Vorschrift, dass synthetische Polymermikropartikel als solche oder in Gemischen, die vor dem 17. Oktober 2023 in Verkehr gebracht wurden, auch weiterhin in Verkehr gebracht werden dürfen. Diese Vorschrift ist nicht erforderlich für Verwendungen von synthetischen Polymermikropartikeln, für die Übergangszeiträume gelten.“
D.h. synthetische Polymermikropartikel als solche oder in Gemischen, die vor dem 17. Oktober 2023 erstmals in Verkehr gebracht wurden, müssen nicht entsorgt werden, sondern dürfen weiterhin vermarktet werden. Dies gilt jedoch nicht für Ware, die noch nicht in Verkehr gebracht wurde, bspw. weil sie sich noch auf einem Schiff auf dem Weg nach Europa befindet. Diese Ware ist noch nicht in Verkehr gebracht. Ein Inverkehrbringen liegt erst mit dem Import vor. Der Import ist wiederum definiert als „physisches Verbringen in das Zollgebiet der Gemeinschaft“.
Da unter den Begriff des Inverkehrbringens auch die Bereitstellung für Dritte fällt, gilt verkaufsfertige Ware, welche sich noch im Lager des Herstellers befindet, bereits als in Verkehr gebracht.
Für Informationen zum Inverkehrbringen beachten Sie bitte die HD-FAQ 0042.
Fallen Erzeugnisse, deren Oberfläche mit Mikroplastik in Form von Glitzer behaftet ist, unter die Beschränkung?
Zu dieser Frage erreichen uns sehr viele Anfragen. Dazu können wir folgende Hinweise zur Orientierung geben (Stand August 2024):
Im November 2023 hat die EU-Kommission (KOM) ihre eigene, rechtlich unverbindliche Auslegung bekannt gemacht und gab auf ihrer Internetseite zu Mikroplastik zunächst folgende Hinweise: Glitzer könne als integraler Bestandteil eines Erzeugnisses gelten, wenn er sich unter normalen Verwendungsbedingungen nicht von diesem ablöse. Dieses Erzeugnis würde dann als Ganzes nicht in den Geltungsbereich der Beschränkung fallen. Sollte sich der Glitzer jedoch von dem Erzeugnis ablösen, so handele es sich um eine Kombination aus einem Gemisch (Glitzer) und einem Erzeugnis (z.B. Dekoartikel). Damit würde die Beschränkung für diese Erzeugnisse gelten.
Am 25.01.2024 wurde die Internetseite der KOM jedoch überarbeitet. Dort heißt es nun lediglich: „Erzeugnisse, auf deren Oberfläche Glitzer angebracht ist, fallen nicht in den Geltungsbereich der Beschränkung.“
Nach hiesiger Einschätzung lässt der Begriff „angebracht“ noch Raum für Interpretationen und weitere Details hat die KOM noch nicht bekannt gemacht. Denn der Begriff könnte zum einen so ausgelegt werden, dass der Glitzer nur dann „angebracht“ ist, wenn er sich unter normalen Verwendungsbedingungen nicht ablöst. Der Begriff könnte aber auch so verstanden werden, dass Erzeugnisse, unabhängig davon, ob sich der Glitzer von ihrer Oberfläche löst oder nicht, grundsätzlich nicht in den Geltungsbereich der Beschränkung fallen.
In diesem Zusammenhang wird zunächst auf die Auslegung der Europäischen Chemikalienagentur ECHA zu der Ausnahme in Absatz 5(c) der Beschränkung hingewiesen. Hier kommt die ECHA zu dem Schluss, dass der Glitzer permanent, z. B. in Klebstoff oder in festen Gegenständen eingeschlossen sein muss, um unter die Ausnahme zu fallen. Da nach hiesiger Auffassung dieselben Maßstäbe für Dekorationserzeugnisse, die mit Mikroplastik bzw. Glitzer behaftet sind, gelten sollten, vertritt der deutsche REACH-CLP-Biozid Helpdesk die Einschätzung, dass der Glitzer permanent bzw. entsprechend fest auf der Oberfläche des Erzeugnisses befestigt sein muss, um nicht in den Geltungsbereich der Beschränkung zu fallen. Diese Interpretation entspricht auch den Schutzzielen der Beschränkung, nämlich das Verhindern der Freisetzung von Mikroplastikpartikeln in die Umwelt.
Vor dem geschilderten Hintergrund könnte es sich daher empfehlen, nur solche Erzeugnisse in Verkehr zu bringen, auf denen der Glitzer permanent befestigt ist. Dadurch kann vermieden werden, dass ein Erzeugnis mit sich lösendem Glitzer später ggf. vom Markt genommen werden müsste. Im Übrigen weisen wir darauf hin, dass in Deutschland nach dem föderalen Prinzip die Bundesländer für die Überwachung zuständig sind und ihnen daher die Auslegung der Beschränkung und damit die Entscheidung, ob konkrete Produkte in deren Anwendungsbereich fallen, obliegt.
Abschließend wollen wir auf folgenden Prozess hinweisen: Aktuell entwickelt die KOM unter Beteiligung der Mitgliedstaaten einen rechtlich unverbindlichen Leitfaden zu der Mikroplastikbeschränkung. Eine erste Diskussion des Inhalts fand im April statt und wurde Anfang September fortgeführt. Die KOM plant das Dokument Ende 2024 spätestens jedoch Anfang 2025 zu veröffentlichen.
Für synthetische Polymermikropartikel zur Verwendung in Industrieanlagen besteht eine Ausnahme von dem Verbot des Inverkehrbringens. Ab dem 17. Oktober 2025 müssen jedoch Lieferanten von synthetischen Polymermikropartikeln, die von dieser Ausnahme Gebrauch machen, nach Absatz 7 des Beschränkungseintrags Nr. 78 bestimmte Informationen bereitstellen. In welcher Form muss dieser Informationspflicht nachgekommen werden?
Das Inverkehrbringen von synthetischen Polymermikropartikeln ist seit dem 17. Oktober 2023 verboten. Eine Ausnahme besteht hiervon nach Absatz 4a des Beschränkungseintrages 78, sofern die synthetischen Polymermikropartikel als solche oder in Gemischen in Industrieanlagen verwendet werden. In diesem Fall müssen die in Absatz 7 der Beschränkung genannten Informationen bereitgestellt werden (siehe weiter unten Buschstaben a) - d)).
In welcher Form diese Informationen weiterzugeben sind, wird in Absatz 10 des Beschränkungseintrags ausgeführt: Die Informationen sind in Form von deutlich sichtbarem, lesbarem und unauslöschlichem Text bzw. ggf. in Form von Piktogrammen auf dem Etikett oder der Verpackung anzugeben. Werden die Informationen für die Verwendung und Entsorgung in Textform bereitgestellt, sind sie „in den Amtssprachen der Mitgliedstaaten abzufassen, in denen der Stoff oder das Gemisch in Verkehr gebracht wird, sofern dies von den betroffenen Mitgliedstaaten nicht anders geregelt wurde.“
Für den Fall, dass ein Sicherheitsdatenblatt gemäß Artikel 31 REACH-Verordnung erstellt werden muss, sind die in Absatz 7 genannten Informationsanforderungen darin anzugeben und könnten wie nachfolgend geschildert eingefügt werden:
a) Anweisungen für die Verwendung und Entsorgung für nachgeschaltete industrielle Anwender, in denen erläutert wird, wie die Freisetzung synthetischer Polymermikropartikel in die Umwelt verhindert werden kann;
- Abschnitt 7: Handhabung und Lagerung
b) den folgenden Hinweis: ‚Die gelieferten synthetischen Polymermikropartikel unterliegen den Bedingungen des Eintrags 78 in Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates.‘;
- Abschnitt 15: Rechtsvorschriften
- ggf. Abschnitt 2.2: Kennzeichnungselemente
c) Angaben zur Menge oder gegebenenfalls zur Konzentration synthetischer Polymermikropartikel im Stoff oder Gemisch;
- Abschnitt 3, nur dann, wenn die Polymerpartikel als gefährlich einzustufen sind
d) allgemeine Informationen zur Identität der in dem Stoff oder Gemisch enthaltenen Polymere, die es den Herstellern, industriellen nachgeschalteten Anwendern und anderen Lieferanten ermöglichen, ihren Verpflichtungen gemäß den Absätzen 11 und 12 nachzukommen.
- Abschnitt 3 (hier erscheint ggf. nur die Identität des Polymers, alle anderen in den Absätzen 11 und 12 geforderten Angaben tauchen nicht im SDB auf)
Wo sind die in Absatz 10 genannten Piktogramme erhältlich, anhand derer die in den Absätzen 7 und 8 des Beschränkungseintrags Nr. 78 für synthetische Polymermikropartikel in Anhang XVII der REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 geforderten Informationen bereitgestellt werden können?
Falls Lieferanten von Produkten, die synthetische Polymermikropartikel enthalten, für die Übermittlung dieser Informationen auf Piktogramme zurückgreifen möchten, müssen sie diese selbst entwerfen. Der Beschränkungseintrag sieht keine allgemeingültigen, harmonisierten Kennzeichnungselemente vor. Bei der Entwicklung solcher Piktogramme wäre es sicherlich vorteilhaft, wenn diese innerhalb von Branchenverbänden entwickelt und einheitlich verwendet würden.