Verwendung zulassungspflichtiger Stoffe und Zulassungsantrag
Die Aufnahme eines Stoffes in den Anhang XIV der REACH-Verordnung als zulassungspflichtiger Stoff hat Auswirkungen auf die Verwendung des Stoffes. Ein im Anhang XIV der REACH-Verordnung gelisteter Stoff darf nach dem Ablauftermin nur noch verwendet oder zur Verwendung in Verkehr gebracht werden, wenn eine Zulassung dafür erteilt wurde (Artikel 56). Für die Verwendung / Vermarktung müssen die Bedingungen eingehalten werden, die in der Zulassungsentscheidung festgelegt sind.
Betroffen sind die nachgeschalteten Anwender, aber auch Hersteller und Importeure als mögliche Antragsteller einer Zulassung. Der Antrag wird bei der ECHA eingereicht.
Nachgeschaltete Anwender dürfen zulassungspflichtige Stoffe nur für Verwendungen nutzen, für die eine Zulassung erteilt wurde.
Dazu müssen sie entweder
- den Stoff von einer Firma erhalten, der für diese Verwendung eine Zulassung erteilt wurde. Die nachgeschalteten Anwender müssen die in der Zulassung festgelegten Bedingungen einhalten. In diesem Fall müssen die nachgeschalteten Anwender der ECHA melden, dass sie einen zugelassenen Stoff verwenden. Die Meldung muss über IUCLID und REACH-IT erzeugt und eingereicht werden. Ein entsprechendes englischsprachiges Video mit einer Schritt-für-Schritt-Anleitung wird von der ECHA bereitgestellt.
- oder selbst eine Zulassung bei der Agentur beantragen.
Ausnahmen von der Zulassungspflicht
Da eine Reihe von Verwendungen schon durch andere EU-Verordnungen und Richtlinien geregelt werden, gelten Ausnahmen von der Zulassungspflicht um Doppelregelungen zu vermeiden. Die Ausnahmen sind in den Artikeln 2 und 56 der REACH-Verordnung geregelt.
Für folgende Verwendungen von Stoffen gelten Ausnahmen von der Zulassungspflicht:
- in Human oder Tierarzneimitteln
- in Lebensmitteln oder Futtermitteln
- als Zwischenprodukte
- in Pflanzenschutzmitteln
- in Biozidprodukten
- als Motorkraftstoffe
- von Mineralölerzeugnissen als Brennstoff in Feuerungsanlagen und geschlossenen Systemen
Für besonders besorgniserregende Stoffe nach Artikel 57 Buchstabe f, die aufgrund einer Gefährdung der menschlichen Gesundheit identifiziert wurden und für CMR Stoffe der Kategorie 1A oder 1B sind folgende Verwendungen ausgenommen:
- in kosmetischen Mitteln
- in Materialien und Gegenständen die mit Lebensmitteln in Berührung kommen
Abhängig von der Konzentration in Gemischen gilt nach Artikel 56 Absatz 6 keine Zulassungspflicht:
- für PBT-, vPvBStoffe und Stoffe mit ebenso besorgniserregenden Eigenschaften nach Artikel 57 Buchstabe f bei Konzentrationen in Gemischen unter 0,1 Massenprozent (w/w)
- für allen anderen Stoffen, deren Konzentrationen unterhalb der Werte nach Artikel 11 Absatz 3 der CLP-Verordnung liegt, nach denen das Gemisch als gefährlich eingestuft wird.
Übergangsfristen
Ab Aufnahme eines Stoffes in den Anhang XIV der REACH-Verordnung laufen für die Antragsteller (also nachgeschaltete Anwender, Hersteller oder Importeure) wichtige Fristen:
Mit der Aufnahme des Stoffes in den Anhang wird ein sogenannter Ablauftermin (engl. sunset date) festgelegt. Wird kein Antrag auf Zulassung gestellt, darf der Stoff nur noch bis zum Ablauftermin verwendet werden. Um den Stoff nach dem Ablauftermin ohne Unterbrechung verwenden zu dürfen, muss ein Zulassungsantrag bis spätestens zum Antragsschluss (engl. latest application date), das heißt spätestens 18 Monate vor dem Ablauftermin, gestellt werden. Wird der Zulassungsantrag nicht fristgerecht eingereicht und die Zulassungsentscheidung erst nach dem Ablauftermin erteilt, darf der Stoff für die Zeitspanne zwischen Ablauftermin und Zulassungsentscheidung nicht verwendet werden.
Wurde ein Zulassungsantrag mindestens 18 Monate vor dem Ablauftermin gestellt, ist eine Weiterverwendung des Stoffs für die Antragsteller bzw. nachgeschalteten Anwender über den Ablauftermin hinaus mindestens bis zur Zulassungsentscheidung möglich.
Zulassungsentscheidung
Die EU-Kommission entscheidet auf Basis der Stellungnahmen der Ausschüsse für Risikobeurteilung und Sozioökonomische Analyse über den Zulassungsantrag (Artikel 64). Der Antragsteller hat die Möglichkeit, sich zu den Entwürfen der Stellungnahmen zu äußern. In der Zulassungsentscheidung wird festgehalten, unter welchen Bedingungen der Stoff weiter verwendet werden darf und wann die Zulassung überprüft wird (befristeter Überprüfungszeitraum). Vom Antragsteller ist bis 18 Monate vor Ablauf des Überprüfungszeitraums ein Überprüfungsbericht vorzulegen.
Eine Zusammenfassung der Zulassungsentscheidung wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
Ist die Zulassungsentscheidung negativ, ist eine Verwendung ab den folgenden Zeitpunkten nicht mehr möglich:
- nach dem Ablauftermin (wenn die negative Zulassungsentscheidung schon vor dem Ablauftermin gefällt wurde)
- nach dem Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung (wenn die negative Zulassungsentscheidung nach dem Ablauftermin gefällt wurde)
Kriterien für eine Zulassung
Zulassungen werden von der EU-Kommission erteilt, wenn der Antragsteller belegen kann, dass Risiken, die durch die Verwendung des Stoffes entstehen, angemessen beherrscht werden ("adequate control route"). Allerdings ist der Nachweis für eine angemessene Beherrschung von Risiken für folgende SVHC nach Artikel 60 Absatz 3 nicht möglich:
- CMR Stoffe der Kategorie 1A oder 1B, für deren Wirkung kein Schwellenwert festgelegt werden kann
- PBT und vPvB Stoffe
- Stoffe nach Artikel 57 Buchstabe f mit PBT oder vPvB Eigenschaften, die ebenso besorgniserregend sind und/oder für die kein Schwellenwert abgeleitet werden kann
Wenn nicht belegt werden kann, dass die Risiken angemessen beherrscht werden, kann eine Zulassung nur erteilt werden, wenn nachweislich die sozioökonomische Bedeutung des Stoffes die Risiken überwiegt und dass keine geeigneten Alternativstoffe oder Alternativtechnologien existieren (Artikel 60 Absatz 4). Dieser Ansatz wird als "socio-economic route" bezeichnet und erfordert die Durchführung einer Sozioökonomischen Analyse.